Sophie Schüller
Ein Leben in der NS-Zeit
Dormagen
Köln
Bonn
Sophie Schüller aus Dormagen ist ein Opfer des Nationalsouialismus. Einer Reihe glücklicher umstände hatte sie es jedoch zu verdanken, dass sie, obwohl sie Jüdin war, die Verfolgung in dormagen und in köln überlebte.
Kindheit in Antisemitismus
Sophie wurde als Sophie Neuburger am 6. Oktober 1902 in Dormagen geboren. Deutschland war zu dem Zeitpunkt noch eine Monarchie , in der Kaiser Wilhem II. den Ton angab. In dieser Epoche herrschte in Deutschland ein latenter Antisemitismus.
Erste Lebensjahre: Dormagen
Sophies Geburtsurkunde ist entnehmen, dass sie und ihre Eltern in ,,Dormagen Nr. 80" gemeldet waren. Diese erste Wohnadresse für das Baby wechselt im laufe der Jahre mehrfach. Nach der Schulzeit wurde Sophie Bürogehilfin.
Sie lernte Maler Karl Nikolaus Schüller kennen, der in der Nachbarschaft wohnte: Karl in der Kölner Straße 159, Sophie in der Kölner Straße 104. Sophie wurde Schwanger. Sophie und Karl heirateten am 29.09.1930 in Dormagen. Drei Monate später am 29. Dezember 1930, wurde ihre Tochter Berta Erna geboren. Die gemeinsame Wohnung der jungen Familie war in der Marktsraße 9.
Beginn der Diktatur
Da Karl Christ ist und Sophie Jüdin, ist die Ehe schon zwei Jahre später juristisch gefährdet: Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident von Hindenburg den neuen Reichskanzler: Adolf Hitler. Der war Antisemit und seit 1921 Vorsitzender der NSDAP. Am 23. März 1933 wurde das ,,Ermächtigungsgesetz" (,,Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich") beschlossen. Einstimmig unterstützte die Zentrumspartei das neue Gesetz, das den Beginn der Diktatur in Deutschland ermöglichte. Zustimmung gab es auch von Theodor Heuss (Deutsche Staatspartei; nach 1945 FDP und erster Bundespräsident) und Ernst Lemmer (Deutscher Staatspartei nach 1945 CDU, Minister unter Konrad Adenauer und Ludwig Erhardt). Abgelehnt wurde das Gesetz von der SPD. Die Fraktion der KPD war an der Abstimmung gehindert, da ihre 81 Abgeordneten bereits von den Nazis verhaftet oder ermordet worden waren. Die überlebt hatten, waren auf der Flucht oder untergetaucht.
,,Mischehe" gefährdet
Durch das ,,Ermächtigungsgesetz" hatten die Nazis freie Bahn, am 15. September 1935 das ,,Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre" (Blutschandegesetz) auf ihren Reichsparteitag zu erlassen. Dieses ,,Nürnberger Gesetz" regelte die ,,Mischehe" zwischen ,,arischen" Deutschen (Christen) und Juden1939 gab es davon noch 20.454.
Da Karl als ,,deutschblütiger" Ehemann und Sophie Jüdin schon vor 1935 verheiratet waren und eine Eheliche Tochter hatten, sprechen die Nazisvon einer ,,privilegierten Mischehe". Vorraussetzung war allerdings, dass die Tochter Berta Erna formal nicht in jüdischen Gemeinden angehörte.
Die ,,privilegierte Ehe" mit Karl schütze Sophie davor, gemäß der Verordnung vom September 1941 den ,,Judenstern" tragen zu müssen. Am 10. Januar 1939 hatte sie allerdings dennoch amtlich den zusätzlichen Vornamen ,,Sara" bekommen. Diese von den Nazis erzwungene Maßname wurde erst am 15. Februar 1947 auf Anordnung des Innenministeriums von NRW in ihrer Geburtskunde wieder gelöscht.
Auch die ,,Mischehen" waren vielfach benachteiligt: Geschäfte wurden ,,arisiert", nach den Novemberpogromen mussten ,,Sühneabgaben" gezahlt werden, Unterbringung in ,,Judenhäusern", Zwangsarbeit. Die ,,deutschblütigen" Ehenänner mussten damit rechnen, in ein Arbeitslager gesteckt zu werden.
Mit zunehmender Zeit wuchs die Gefährdung auch der mit ,,deutschblütigen Ehemännern" veheirateten Jüdinnen. Sophie musste fürchten, dass sie weiterhin drangsaliert würden, dass ihre Tochter in der Schule benachteiligt würde.
Schließlich drohte die Deportation in ein Konzentrationslager und der Tod.
In dieser Phase, in der in Dormagen überall bekannt war, wer ein Jude war und wer nicht, als den Juden die Fensterscheiben eingeworfen und die Geschäfte geplündert wurden, in dieser Phase reifte der Plan der Familie nach Köln zu gehen. Die Großstadt sicherte eine gewisse Anonymität.
Untergetaucht...
Es gibt den Hinweis, dass die Familie in Köln in dem Haus ,,Großer Griechenmarkt 102" eine Unterkunft gefunden hat- Der Zuzugvom Juden nach Köln aber war verboten. Seit dem 1.Juli 1939 zugezogene Juden mussten in ihre Heimatorte zurückkehren. Ab 12. Mai 1941durften Juden nur noch in ,,Jüdischen Häusern" wohnen. Karl und Sophie tauchten unter.
... und überlebt in Köln
In dem Gedenkbuch ,,die jüdischen Opfer des Holocaust in Köln" sind Sophie und Berta nicht aufgeführt. Das wäre auch nicht möglich, weil sie verfolgung und Krieg überlebt haben. Es gibt in Köln keine Türklingel und kein Namensschild, das an die Familie in der südlichen Altstadt erinnert, denn bei den Bombenangriffen wurde der Bereich um den Großen Griechenmarkt fast vollständig zerstört. Statt der Wohnungshäuser gibt es hier - gegenüber von der ehemaligen Schule in der Kaygasse (bekannt durch einen Karnevalsschlager) - heute die große Katholische Hauptschule Altstadt/Süd und das Agrippa-Bad.
Es hätte sein können, dass Familie Schüller bei einem Bombardement ums Leben gekommen ist. Aber sie haben alle drei überlebt.
Sophie starb knapp fünf Jahre nach Kriegsende am 19. Februar 1950 in Bonn als Patientin des Rheinischen Landeskrankenhauses, Kaiser Karl-Ring 20.
Ihre Tochter Berta Erna heiratete 1951 in Köln und trug nun den Familiennamen Commans. Sie zog am 25. September 1995 um nach Overath in die Straße Josefshöhe 16. Dort starb sie am 24. Mai 1996. Karl heiratete am 13. Februar 1953 nocheinmal in Köln.
Kontakt:
Schülervertretung der
Bertha-von-Suttner-Gesamtschule Dormagen
Marie-Schlei-Straße 6
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